Protrai of A. Appadurai from wikipedia

DANIEL MILLER

Louisa Anabell Gröger und Ali Karabayir

1. Zur Person

Daniel Miller wurde 1954 in England geboren. Er machte an der University of Cambridge seinen Doktor zunächst in der Archäologie und später in der Ethnologie. Er unterrichtet an der University College London mit einer Professur für materielle Kultur. Ebenso hat er an der University College London den Masterstudiengang für  digitale Anthropologie eingerichtet. Seine Interessenfelder sind: Materielle Kultur und Objektivierung, Konsum und Beziehung, Wert und politische Ökonomie, Kleidung und Behausung, digitale Anthropologie, Medien und soziale Netzwerke, sowie Mutterschaft und transnationale Hausarbeit. Seit 1984 veröffentlichte er nahezu jährlich mindestens einen wissenschaftlichen Aufsatz. Derzeit ist er bis September 2017 auf Feldforschungsreise, auf der er mit einem Tem die Auswirkungen von sozialen Medien in sieben verschiedenen Ländern untersucht. Sein Eigenanteil an diesem Forschungsprojekt ist eine ethnographische Forschung in einer kleinen englischen Stadt, eine Studien über die Nutzung von sozialen Medien in Trinidad und eine Forschung über die sozialen Beziehungen von Sterbepatienten. Nach dieser Feldforschung soll er zunächst nicht unterrichten, sondern nur Doktoranden betreuen Er ist Mitbegründer von materialworldblog.com, einer Plattform für Wissenschaftler, Studenten und anderen, die an  materieller Kultur interessiert sind. Die Idee dieser Plattform ist es, Interessierte weltweit in einem Netzwerk zu verbinden,wo sie über aktuelle Themen diskutieren, Werke rezensieren oder Austellungen ankündigen können.


2. Der Ethnologe
Wissenschaftliche Aussagen in Consumption and its Consequences (2012)

Daniel Miller über Konsum: Entgegen der Meinung vieler Soziologen und Konsumkritiker sieht Miller nicht nur negative Auswirkungen des Konsums. Er gesteht ein, dass der Konsum in den technologisch-fortgeschritteneren Gesellschaften reduziert werden müsse, um die Umweltbelastungen zu minimeren, die durch exzessiven Konsum herbeigeführt werden. Gleichzeitig spricht er sich aber auch für eine Erhöhung des Konsums in weniger-fortgeschrittenen  Gesellschaften aus, die zwingend eine Infrastruktur, dass heißt: Krankenhäuser, Schulen, Straßen benötigen. Eine gerechte Teilhabe aller Menschen am Konsum würde laut Miller zu einer besseren Welt führen: „ If we want to improve social welfare and individual wellbeing, we need to … concentrate on reducing social inequality“(2012:33).
Während der Konsument in der Regel als selbstsüchtig, dekadent oder konsumorientiert angesehen wird, zeigt Miller mit seinen beiden Theorien: „Peanut butter-theory“ und „Sacrifice“ auf, dass der Konsum-im speziellen der alltägliche Einkauf für den Haushalt- vielmehr als ein Ausdruck von  Liebe gesehen werden kann: „Shopping as sacrifice is not experienced as a religious rite, but it is saturated with the devotion we associate with love“(2011: 85).
Im Bezug auf den Einfluss von Konsum  in einer globalisierten Welt stellt er die These auf, dass eine Jeans ein globales und allgegenwärtiges Kleidungsstück ist, anhand dessen der Träger unbewusst seine Konformität mit den gesellschaftlichen Normen ausdrückt. Eine Jeans kann den Besitzer sowohl zu einem Weltbürger machen, als auch seine Individualität ausdrücken. Jeans sind seiner Meinung nach ein Zeichen sozialer Homogenität.

Daniel Miller versucht in Consumption and its Consequences in erster Linie den Leser darauf aufmerksam zu machen, dass die allgemeine Meinung über Konsum nicht richtig ist, beziehungsweise einseitig reflektiert wird. Gerade in der Umweltpolitik sieht er die Gefahr, dass durch falsche Annahmen über Konsum falsche Maßnahmen zur Bekämpfung von Umweltverschmutzung geschlossen werden. Mit ethnologischen Methoden zeigt er auf, dass Konsum differenziert betrachtet werden kann und muss.

 

3. Methode

Für seine Thesen greift Miller unter anderem auf die Ergebnisse seiner qualitativen Feldstudie in London aus dem Jahr 1995 zurück. Als „teilnehmender Beobachter“ begleitete er ein Jahr lang einhundert Haushalte in einer Straße in Nord-London bei ihren alltäglichen Einkäufen und sammelte so umfangreiche Daten über ihr Konsumverhalten und intepretiert sie. 

4. Einordnung zum Vergleich (gegenüber) anderen zeitgenössischen Ethnologen

Wie Arjun Appadurai in: The Social Life of Things: Commodities in Cultural Perspective (1986) sieht Daniel Miller auch, dass Dinge soziale Beziehungen aufbauen , auf jeden Fall aber Gesellschaften verändern können. Gleichzeitig können Gesellschaften Dinge verändern, um sie kompatibler mit ihrer Umwelt zu machen.

Daniel Miller und David Graeber,Autor der Monographie:„Schulden. Die ersten 5000 Jahre“ (2011) sind sich in dem Punkt einig, dass eine neue, bessere Welt geschaffen werden müsse. Graeber sieht den Kapitalismus als Verursacher der weltweiten Armut,hingegen Miller den Kapitalismus nicht zwingend als schlecht erachtet,eine gewisse Ehrlichkeit der Akteure aber vorraussetzt. Miller postuliert, dass sich der Konsum und das Konsumverhalten, egal ob im Kapitalismus oder Sozialismus, nicht verändert.

5. Kritik

Miller versucht mit seinen Arbeiten, der Öffentlichkeit aufzuzeigen, dass die Wahrnehmung des Konsums nicht der Realität entspricht. Unglücklicherweise bezieht er sich hierfür immer wieder auf Ergebnisse seiner Feldforschungen, die teilweise über 20 Jahre alt sind. Wenn man seinen Thesen glauben schenkt, das nämlich Dinge eine Gesellschaft und vice versa verändern, ist es Zeit die gleichen Feldforschungen nochmals durchzuführen, um die Ergebnisse zu verifizieren.
Zu kritisieren ist auch Millers Anspruch, dass die Ergebnisse seiner Feldforschungen für alle Gesellschaften weltweit gleichsam Gültigkeit besitzt. Für diese gewagte These müssten mehr Feldforschungen in mehr Ländern durchgeführt werden.

6. Wichtige Veröffentlichungen

1987: Material Culture and Mass Consumption. Basil Blackwell: Oxford.

1994: Modernity – An Ethnographic Approach: Dualism and mass consumption in Trinidad. Berg: Oxford.

1998: A Theory of Shopping. Cambridge: Polity Press/Cornell University Press.

2010: Stuff. Cambridge: Polity.

2011: Tales from Facebook. Cambridge: Polity.

2012: Consumption and its Consequences. Cambridge: Polity.


Veröffentlicht am 24.04.2015